Entstehungsgeschichte der HIS OÖ
Der Weg zur HIS OÖ
Als Pädagogin und Schulmediatorin hatte ich immer wieder mit Kindern und Jugendlichen zu tun, denen es aus verschiedensten Gründen gerade nicht so gut ging. Um den jungen Leuten besser helfen zu können begann ich eine Reihe von Weiterbildungen. Nach einem Praktikum im Krankenhaus Vöcklabruck war mir schließlich klar: in Zukunft wollte ich auch kranke Kinder unterrichten.
In den österreichischen Krankenhäusern gab es zu diesem Zeitpunkt eine sehr gute schulische Betreuung für schulpflichtige Kinder: die Heilstättenschule. Aber wie stand es mit den älteren Schülern?
In nur drei Bundesländern gab es Unterricht im Krankenhaus für sie, Oberösterreich gehörte nicht dazu. Aber war es nicht auch für diese Altersgruppe wichtig bei einem längeren Krankenhausaufenthalt Unterricht zu bekommen?
Um auf meine Frage Antworten zu bekommen interviewte ich Ärztinnen und Ärzte in Österreich und Deutschland. Sehr bald stellte sich heraus bei den Befragungen heraus, wie bedeutsam Schule für schwerkranke Jugendliche ist.
„Die HIS (Höhere Schule im Spital) ermöglicht den Jugendlichen das Fortkommen im schulischen Bereich, oft den Schulabschluss. Für die Patientinnen und Patienten ist die Schule im Spital ein Stück Normalität, sie schafft Anschluss an die Außenwelt, was für die Jugendlichen von großer Wichtigkeit ist. Beinahe alle Patientinnen und Patienten nehmen das Angebot der HIS an.“ (Prim. Prof. Dr. Thun-Hohenstein, Leiter der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Salzburg zum Thema HIS Salzburg)
„Die Schule für Kranke in Bayern gründet auf dem Prinzip ‚Jedes Kind hat Recht auf Schule’, dieses Recht erstreckt sich auf alle Schüler innen, egal welchen Alters. ‚Je kränker die Patienten, umso wichtiger die Schule’.
In erster Linie geht es beim Unterricht im Krankenhaus natürlich darum, Unterrichtsausfall auszugleichen, die Lehrer innen im Krankenhaus haben aber weitere wichtige Funktionen und Aufgaben. Bereits bei der Diagnoseeröffnung, also wenn Kinder und Eltern die Diagnose erfahren, sind die Krankenhauslehrer anwesend, weil sie einen großen Teil des Krankenhausalltages mittragen. Sie haben wichtige pädagogisch-beratende Aufgaben, wobei schulische Unter- und Überforderung, Mobbing etc. häufig Themen sind.
In Bayern ist es sogar möglich, das Abitur im Krankenhaus abzulegen. Hierbei werden mit der Herkunftsschule jeweils spezielle Konditionen ausgehandelt, unter denen es den Patienten möglich ist, die Prüfung abzulegen.“
(Prof. Dr. Jochen Peters, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Klinikum Dritter Orden München- Nymphenburg zum Thema Schule für Kranke in Bayern)
Die Ergebnisse meiner Interviews zeigten es deutlich: der Weg musste in Richtung Höhere Schule im Spital für Oberösterreich weitergehen. Manchmal war dieser Weg mühselig und ich war nicht immer sicher, ob ich jemals am Ziel ankommen würde. Gott sei Dank traf ich immer wieder Menschen, die mich ermutigten und tatkräftig unterstützten. Einer meiner wichtigsten Mentoren war Mag. Franz Feichtl, Direktor der HIS Salzburg (Herz Jesu Missionare Liefering). Ohne seine Hilfe wäre ich wohl noch immer unterwegs.
Nach vielen Umwegen und manchen Stolpersteinen kam die Meldung vom Landesschulrat: „Die HIS OÖ wird als Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht gegründet, wir brauchen einen Träger.“
Da ich seit Herbst 1986 am Gymnasium Ort der Kreuzschwestern unterrichte und meine Schulzeit im damaligen Mädchenpensionat verbracht hatte wusste ich, dass die Kreuzschwestern sowohl im Schul-, als auch im Spitalsbereich engagiert sind. „Eine Schule für kranke Kinder – das passt zu den Kreuzschwestern!“ Ich bat also Mag. Andreas Pumberger um Unterstützung. Mag. Gerhard Posch, Vorstandsvorsitzender der Kreuzschwestern Mitte GmbH, und Sr. Gabriele Schachinger, Provinzoberin von Europa Mitte, unterstützten mein Ansuchen. Kurz darauf wurde im Schulverein der Kreuzschwestern beschlossen, die Trägerschaft der HIS OÖ zu übernehmen. Das Ziel war erreicht.
„Es freut mich sehr, dass wir Ihnen heute ein neues Arbeitsfeld innerhalb des Schulvereins der Kreuzschwestern vorstellen dürfen: Die höhere Schule im Spital und damit eine ganz wichtige Unterstützung für Jugendliche, die durch einen längeren stationären Aufenthalt in einem Krankenhaus nicht am gewohnten Unterricht teilnehmen können.“
So stellt Provinzoberin Sr. Gabriele Schachinger die Höhere Schule im Spital der Presse vor. „Wir sind derzeit noch am Anfang, doch sind wir überzeugt, mit unserem Modell das „Bedürfnis der Zeit“, wie Pater Theodosius der Gründer der Kreuzschwestern im 18. Jahrhundert bereits betonte, genau erfasst zu haben.“
Karla hat Glück gehabt
„Ich bin die Karla,“ mit diesen Worten erwidert das sehr schlanke, großgewachsene Mädchen in Jeans nur zögerlich meinen Händedruck. Es ist unser erstes Treffen im Krankenhaus, wir werden miteinander Englisch lernen. Karla (16) ist auf dem Weg der Besserung, hat mir ihre betreuende Ärztin versichert, deshalb können wir heute mit dem Unterricht beginnen.
Wir besprechen, was Karla im Englischunterricht besonders Spaß macht und was ihr nicht so leicht fällt. „Ich lese für mein Leben gern, auch englische Bücher. Aber English in Use, das kann ich gar nicht.“
Karla hat ihre Schulbücher nicht dabei, also beginnen wir mit einem englischen Text über Maturabälle in den USA - den habe ich für alle Fälle mitgebracht. Wir lesen und vergleichen mit Österreich, erarbeiten neue Vokabel und schwierige Strukturen. Ich checke dabei ab, was ich meiner neuen Schülerin zutrauen kann. Die Stunde vergeht recht schnell.
Als Hausübung soll Karla nachsehen, welche Aufgaben ihre Englischlehrerin auf die Moodle-Platform und somit ins Internet gestellt hat. Die kann sie dann jederzeit selbständig für unsere nächste Stunde vorbereiten. Nächste Woche treffen wir uns wieder, um dort weiterzumachen, wo Karla meine Hilfe braucht. So kann sie in Englisch am Ball bleiben.
Beim Abschied erzählt Karla, dass es auf der Station zwei weitere Jugendliche in ihrem Alter gibt. Wahrscheinlich können wir nächste Woche gemeinsam arbeiten. „Danke, bis Dienstag!“ Da war doch ein Anflug von Lächeln zu sehen...
Jugendliche, die wie Karla längere Zeit im Krankenhaus verbringen müssen, können seit September am Unterricht im Spital teilnehmen. Die neue Schule der Kreuzschwestern, die Höhere Schule im Spital Oberösterreich, macht es möglich.
Karla hat also Glück gehabt: wenn sie wieder gesund ist, wird sie hoffentlich relativ problemlos an den Schulalltag anschließen können, dank der HIS OÖ.
Text: Irene Wagner
Bild: Pressekonferenz mit Provinzoberin Sr. Gabbriele Schachinger, Vorstandsvorsitzendem KEM Gerhard Posch, Präsident des LSR OÖ Fritz Enzenhofer und Direktorin Höhere Schule im Spital OÖ Irene Wagner